• Kategorie: Fachhandel
  • Aufrufe: 316

DB-Tipp: Erpressung

Der Laden von Herrn Leonhard Müller(Name geändert) war mehr als nur ein Geschäft; es war sein Lebenswerk. Seit über dreißig Jahren füllte der Duft von Politur und die Stille konzentrierter Arbeit die kleinen Räume in der Münchner Altstadt. Sein Ruf basierte auf Ehrlichkeit, meisterhafter Handwerkskunst und einer unaufdringlichen, fast altmodischen Freundlichkeit. Eines trüben Dienstagnachmittags betrat eine Frau das Geschäft, die nicht so recht zum üblichen Klientel passte. Sie war auffallend gekleidet, trug eine überdimensionale Sonnenbrille und einen langen, modischen Schal, obwohl es drinnen warm war. Ihr Name, so stellte sie sich vor, war „Frau König“.

„Guten Tag, Herr Müller. Ich suche etwas wirklich Einzigartiges“, sagte sie mit einer leicht überheblichen, aber sanften Stimme. „Mein Mann und ich feiern ein Jubiläum. Es soll ein Ring sein, der atmet – wissen Sie, was ich meine? Keine dieser Standard-Massenproduktionen.“

Herr Müller nickte höflich. Er zeigte ihr behutsam mehrere Stücke, erklärte die Fassungen, die Reinheit der Steine. Frau König aber schien nicht wirklich interessiert. Sie hielt die Stücke nur kurz, stellte flüchtige, fast zusammenhangslose Fragen und verbrachte mehr Zeit damit, mit ihrem Handy herumzuhantieren, während sie die Ringe vor sich auf der Samtunterlage liegen ließ. Sie inspizierte die Auslagen, bat darum, einfach mal alles zu sehen – von den teuersten Colliers bis zu den unauffälligsten Silberbroschen.

Nach fast einer Stunde, in der sie ein Dutzend Stücke in der Hand gehalten und ein Chaos auf dem Tresen hinterlassen hatte, seufzte Frau König theatralisch. „Ach, ich bin heute einfach nicht entscheidungsfreudig“, sagte sie, schob die Sonnenbrille hoch und ließ ihren Blick im Laden umherschweifen. „Ich komme in ein paar Tagen wieder. Wenn Sie diese Stücke bitte zur Seite legen könnten? Mein Mann muss es ja sehen.“

Herr Müller, routiniert, aber innerlich leicht irritiert von so viel Unentschlossenheit, versprach es. Er verpackte die gezeigten Stücke wieder, während Frau König den Laden mit einem knappen Nicken verließ.

Zwei Tage später, am Donnerstagmorgen, als Herr Müller seinen ersten Kaffee trank und sich auf einen neuen Tag vorbereitete, klingelte das Telefon – es war seine Enkelin, eine Studentin, die sich um die digitale Präsenz des Ladens kümmerte.

„Opa“, sagte sie mit besorgter Stimme, „du hast eine schlechte Google-Bewertung bekommen. Fünf Sterne runter auf zwei Komma neun.“

Herr Müller, der von der Welt der Sterne und Algorithmen wenig verstand, runzelte die Stirn. „Was ist eine schlechte Bewertung? Und wer gibt sie mir?“

„Eine ‚Frau K‘“, las die Enkelin vor. „Sie schreibt: ‚Völlig überteuert, die Beratung war ignorant und unprofessionell. Der Verkäufer hat mich die ganze Zeit beobachtet, als würde ich etwas stehlen. Sehr unangenehme, kalte Atmosphäre. Nicht zu empfehlen.‘

Herr Müller wurde blass. „Beobachtet? Unprofessionell? Das ist eine Lüge! Ich war die Höflichkeit in Person!“

Ihm fiel nur eine einzige Person ein, die sich so verhalten hatte, und die, die alles nur kurz in die Hand genommen und dann ohne Kauf gegangen war: Frau König. Es war nicht einmal eine Woche her.

Er verstand plötzlich. Das Chaos, die Unentschlossenheit, die flüchtigen Blicke auf das Handy, die lange Dauer des Besuchs, ohne wirklich etwas kaufen zu wollen – sie war keine Kundin. Sie war jemand, der gekommen war, um den Service und die Produkte zu taxieren, einen Vorwand für einen langen Aufenthalt zu schaffen, und dann mit einer vernichtenden, ungerechten Rache zu verschwinden, wahrscheinlich für einen Konkurrenten oder aus purer Bosheit. Es war ein Scheinkunde gewesen.

Die Bewertung war wie ein Dolchstoß. Die Kundenfrequenz ging sofort zurück. Das „Feinste Gold“ lebte von seinem tadellosen Ruf, und dieser Ruf war mit einem einzigen, unfairen digitalen Schlag beschädigt worden.

Herr Müller, der Juwelier, der Diamanten von Fälschungen unterscheiden konnte, der das echte vom falschen Gold trennte, musste nun lernen, dass in der modernen Welt der größte Schaden nicht durch einen Dieb mit einem Brecheisen, sondern durch einen falschen Kunden mit einem Smartphone angerichtet werden konnte.

Und dann kam ein Anruf, von einer Firma dia diese Bewertung für 90,00 Euro löschen könnten.

DB-Tipp:

Wichtig: Gehen Sie auf keinen Fall auf die Forderung ein und zahlen Sie die $90,00 nicht!

Solche Aktionen sind nicht nur unethisch, sondern in den meisten Fällen auch strafbar (Erpressung oder Nötigung) und verstoßen klar gegen die Google-Richtlinien. Wer zahlt, ermutigt die Täter nur zu weiteren Aktionen und wird oft zum leichten Opfer für künftige Erpressungsversuche.

Hier ist ein Schritt-für-Schritt-Plan, wie Sie am besten vorgehen können:

1. Alles dokumentieren und Ruhe bewahren

 * Zahlen Sie nicht: Das ist der wichtigste erste Schritt.

  Sichern Sie Beweise: Machen Sie sofort Screenshots von:

    Der negativen Google-Bewertung (mit Datum und Name/Profil des Verfassers, falls vorhanden).

    Dem Angebot, die Bewertung gegen $90,00 zu löschen (E-Mail, Chat-Nachricht, etc.). Sichern Sie die gesamte Kommunikation lückenlos.

2. Die Bewertung bei Google melden

Melden Sie die negative Bewertung direkt bei Google.

  Wie? Gehen Sie in Ihrem Google Unternehmensprofil (Google My Business) zu der entsprechenden Bewertung. Klicken Sie auf die drei Punkte neben der Bewertung und wählen Sie "Rezension melden" (oder ähnliches, je nach Ansicht).

  Begründung: Geben Sie als Grund nicht nur "unzutreffend" an. Erklären Sie im Freitextfeld oder als Auswahlgrund, dass es sich um einen Erpressungsversuch handelt und diese Bewertung in direktem Zusammenhang mit einem Geldangebot zur Löschung steht. Fügen Sie hinzu, dass Sie dies mit Screenshots dokumentiert haben, falls Sie diese hochladen können (manchmal ist dies nur indirekt möglich). Google nimmt Erpressungsversuche in der Regel sehr ernst, da sie einen klaren Verstoß gegen die Richtlinien darstellen.

3. Strafanzeige erstatten (Optional, aber empfohlen) Da es sich hierbei um eine Straftat handeln kann (Erpressung nach § 253 StGB oder Nötigung nach § 240 StGB), sollten Sie eine Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft in Erwägung ziehen.

  Vorteil: Die Anzeige untermauert Ihren Fall und gibt Ihnen eine offizielle Dokumentation in der Hand, die Sie Google vorlegen können.

  Vorgehen: Legen Sie den Beamten die gesicherten Screenshots und alle relevanten Informationen vor.

4. Anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen (Empfohlen) Es ist ratsam, einen auf IT-Recht, Medienrecht oder Reputationsrecht spezialisierten Anwalt zu konsultieren.

 Vorteil: Ein Anwalt kann Google juristisch fundiert auf die Rechtswidrigkeit der Bewertung hinweisen und die Löschung in Ihrem Namen fordern. Dies erhöht die Erfolgsaussichten oft erheblich im Vergleich zu einer Eigenmeldung über das Formular.

 *Achtung bei "Löschdienstleistern": Seien Sie vorsichtig mit Anbietern, die per Kaltakquise oder E-Mail ebenfalls die Löschung von Bewertungen gegen Honorar anbieten, da einige dieser Anbieter selbst unseriös sind und möglicherweise sogar in die Erpressung involviert sein könnten (wie die Suchergebnisse zeigen). Wählen Sie einen seriösen Rechtsanwalt.

Fazit: Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Das Vorgehen, das Sie beschreiben, ist eine kriminelle Masche. Dokumentation und die Meldung bei Google sind die wichtigsten sofortigen Schritte.